Großprojekt Bonatzbau – Internationale Zusammenarbeit bei der Planung im Fokus

„Für uns ist die Teamarbeit entscheidend – die landesspezifischen Unterschiede sehe ich nicht als Hürden, sondern als wertvolle Stärken, die wir gezielt in die Projektplanung einfließen lassen,“ sagt Benedikt Zeisner, Projektleiter für die Planung des Großprojekts Bonatzbau. Wir beleuchten, wie die internationale Zusammenarbeit innerhalb der Zentralen Technik (ZT) aktiv gestaltet wird.
Benedikt Zeisner ist als Projektleiter für die Tragwerksplanung im Technischen Büro Stuttgart maßgeblich am Projekt Bonatzbau beteiligt, das er bereits seit viereinhalb Jahren betreut. Im Laufe der Jahre hat sich die Beteiligung der Zentralen Technik kontinuierlich erweitert. Mittlerweile arbeitet die ZT als großes internationales Projektteam mit den Standorten Stuttgart, Sofia, Belgrad und Ho-Chi-Minh-Stadt zusammen an der Tragwerksplanung des denkmalgeschützten Bahnhofgebäudes.
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© Niels Schubert
Die Modernisierung des Bonatzbau ist eines der größten Bauprojekte, dass die ZT im Moment betreut. Was macht das Projekt für die ZT so einzigartig?
Das Projekt Bonatzbau ist ein herausragendes Beispiel dafür, wie wir nahezu alle unsere strategischen ZT-Handlungsfelder erfolgreich in einem Bauprojekt integrieren. Als internationales Projektteam (strategisches ZT-Handlungsfeld Internationalisierung) arbeiten wir grenzübergreifend an der Planung des denkmalgeschützten Bestandsgebäudes. Innerhalb der ZT sind darüber hinaus verschiedene Bereiche vertreten, sodass wir für dieses besondere Großprojekt Planungen aus einer Hand anbieten können. Besonders wichtig ist mir dabei zu betonen, dass die internationale Zusammenarbeit zwar wirtschaftliche Vorteile bringt, wir aber gleichzeitig durch hervorragend ausgebildete Spezialist:innen eine hohe Qualität sicherstellen können.
Du hast bereits das Thema Internationalisierung angesprochen und bist damit auf ein ganz wesentliches Merkmal der Projektbearbeitung für den Bonatzbau eingegangen. Was war der Grund dafür, dass Standorte wie Sofia, Belgrad und Ho-Chi-Minh-Stadt in das Projekt einbezogen wurden und gibt es spezielle Kompetenzen oder besonderes Fachwissen, das die einzelnen Standorte in das Projekt einbringen?
Die Einbindung unserer internationalen Standorte bringt mehrere Vorteile mit sich. Neben wirtschaftlichen Aspekten profitieren wir von einer erhöhten Personalkapazität. Ein besonders wichtiger Faktor ist die Zusammenarbeit mit der MAC ZT Vietnam, durch die wir aufgrund der Zeitverschiebung nahezu rund um die Uhr planen können, was uns einen zeitlichen Vorteil verschafft. Jeder Standort trägt mit spezifischen Kompetenzen zur Planung bei: Sofia und Belgrad unterstützen uns bei der BIM-Modellierung und Schalplanung, während die MAC ZT in Vietnam die Bewehrungspläne erstellt.
Du hast das Thema Zeitverschiebung erwähnt. Wie können wir uns die Zusammenarbeit in eurem internationalen Projektteam vorstellen?
Die Zusammenarbeit mit der MAC ZT in Vietnam zeigt, wie wichtig Anpassungsfähigkeit in internationalen Teams ist und welche Mehrwerte sie bieten kann. Konkret läuft das so ab: Während des Arbeitstages in Stuttgart erstellen wir die Grundlagen und Vorgaben für die Bewehrungsplanung und schicken sie gegen Feierabend nach Vietnam. Dort werden sie während des Arbeitstages bearbeitet und kurz vor unserer Mittagspause in Stuttgart in überarbeiteter Form zurückgesendet. Besonders vorteilhaft ist, dass sich unsere Arbeitszeiten teilweise überschneiden, sodass wir direkt auf Rückfragen reagieren können.
Generell erfolgen unsere Abstimmungen hauptsächlich über Teams. In einem wöchentlichen Jour fixe bringen wir uns alle auf den neuesten Stand und legen Zuständigkeiten fest, während zusätzliche Meetings bei Bedarf stattfinden. Die Dokumentenablage erfolgt cloudbasiert, sodass jeder jederzeit Zugriff auf die aktuellsten Dateien hat, was dank moderner Technik reibungslos funktioniert. Unsere Plansprache ist Deutsch und somit muss zumindest in Teilen in deutscher Sprache gearbeitet werden. Die meisten der internationale Kolleg:innen sprechen mittlerweile gut Deutsch, nehmen an Sprachkursen teil, um die deutsche Sprache zu lernen oder haben sogar in Deutschland studiert. Alternativ behelfen wir uns einfach mit der englischen Sprache – das funktioniert reibungslos.
Zudem besuchen unsere Kolleg:innen aus Belgrad und Sofia regelmäßig den Standort Stuttgart. Es wird die Möglichkeit geboten, ein bis zwei Wochen im Jahr in Stuttgart zu arbeiten, was gerade bei diesem Projekt besonders vorteilhaft ist, da sich die Baustelle direkt vor Ort befindet. So kann man direkt vor Ort sehen, wie die eigene Planung umgesetzt wird – eine große Motivation und ein wertvoller Beitrag zum Teambuilding. Auch ich habe bereits die Kolleg:innen in Sofia besucht, was für mich auch ein großer Teil unserer gegenseitigen Wertschätzung ist. Solche Besuche fördern das Verständnis für die Arbeitsweise des Gegenübers und stärken den Austausch im Team.
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Vor kurzem waren die Kolleg:innen aus Belgrad und Sofia gemeinsam in Stuttgart. Wie sah eure gemeinsame Zeit aus?
Alle am Projekt beteiligten Personen aus Sofia und Belgrad haben uns für zwei Wochen in Stuttgart besucht und wir haben alle zusammen im Innovation Center gearbeitet. Auch wenn die Zusammenarbeit über Teams problemlos funktioniert, ist das persönliche Zusammenarbeiten für alle dann nochmal ein richtiges Highlight und sehr bereichernd. Wir haben dann auch bei der Baustelle vorbeigeschaut und hatten dort die Möglichkeit mit den operativen Kolleg:innen in den Austausch zu gehen. Und natürlich gab es auch gemeinsame Essen und Afterwork Veranstaltungen – zusammenfassend gesagt, wir hatten einen richtig guten Teamspirit und das merkt man direkt auch in der weiteren Zusammenarbeit.
Gibt es kulturelle oder technische Unterschiede, die berücksichtigt werden müssen?
Kulturelle Unterschiede nehme ich mittlerweile kaum noch wahr – das liegt wahrscheinlich daran, dass wir so eng zusammenarbeiten und genau wissen, wie wir miteinander umgehen. Sicherlich gibt es einzelne Unterschiede, aber gerade das macht die Zusammenarbeit spannender. Ein Beispiel ist der Umgang mit Feedback. In Deutschland sind wir bekannt dafür, offen zu sagen, wenn etwas nicht funktioniert, was in anderen Ländern nicht immer gleich gut ankommt. Hier ist es wichtig, das Gespräch zu suchen und eine Kommunikationsweise zu finden, die für alle passt und niemanden vor den Kopf stößt. Das ist ein Lernprozess, den man gemeinsam gehen muss.
Da wir alle zum selben Konzern gehören, arbeiten wir mit denselben technischen Mitteln. Dank des hohen Bildungsstands, des exzellenten Fachwissens und der sogar zum Teil vorhandenen Deutschkenntnisse der Kolleg:innen sind wir fachlich auf Augenhöhe – der einzige Unterschied ist der Standort des Büros.
Hast du eine persönliche Anekdote, die die internationale Zusammenarbeit in diesem Projekt betrifft und die du mit uns teilen möchtest?
Im Zuge eines Flyers zur internationalen Zusammenarbeit hatte ich erfahren, dass es Unterschiede in der Körpersprache zwischen Deutschland und Bulgarien gibt. In Bulgarien bedeutet ein Kopfschütteln „ja“ und ein Nicken „nein“ – das war mir vorher nicht bewusst. Als ich das Thema ansprach, erklärten mir die Kolleg:innen aus Bulgarien, dass sie, durch die lange und enge Zusammenarbeit mit uns, in gemeinsamen Terminen oft schon unterbewusst die deutsche Körpersprache übernommen haben. Deshalb war dieser Unterschied bisher kaum aufgefallen, aber es ist dennoch gut zu wissen, insbesondere wenn neue Teammitglieder hinzukommen.
Zum Abschluss: Was sind die nächsten Schritte für das Projekt Bonatzbau?
Bis Ende des Jahres werden wir ca. 85 Prozent unserer Leistung erbracht haben und bis Mitte nächsten Jahres möchten wir das Projekt planungsseitig abgeschlossen haben.